Beiratssitzung am 11. September 2019 im Bgh. Oslebshausen
Meine persönliche Erklärung zur geplanten Bau einer Klärschlammverbrennungsanlage im Industriehafen/Oslebshausen.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Bürgerinnen und Bürger!
Ich bin mit vielen Personenstimmen wieder in den Beirat Gröpelingen gewählt worden, wofür ich mich ganz herzlich für Ihr Vertrauen bedanke. Die neu gewählten Beiratsmitglieder haben überwiegend noch keine einheitliche Meinung zu dem geplanten Klärschlammverbrennungswerk. Wir sind ja alle erst gewählt worden und haben uns gerade konstituiert.
Heute ist der erste Tag, bei dem die KENOW öffentlich ihre Pläne für ein Klärschlammverbrennungswerk vorgestellt hat. Danach beabsichtigt das Konsortium, einen entsprechenden Antrag bei der zuständigen Genehmigungsbehörde einzureichen. Im Laufe des Genehmigungsverfahrens kommt dann die Angelegenheit amtlich an den Beirat zurück, der aber kein Organ mit Entscheidungsbefugnissen in dieser Angelegenheit ist.
Im Unterschied zum Beirat konnte ich mir bereits eine Meinung zu diesem Vorhaben bilden, was viele von Ihnen nicht wundern wird. Schließlich bin ich Mitgründer der BI Oslebshausen und Umzu, auf deren Informationsabende am 23. Mai und 29. August dieses Jahres sicher viele von Ihnen waren. Beide Veranstaltungen waren gut besucht.
Aufgeschreckt durch Berichte des WK am 21. und 22. Dezember 2017 sowie des Stadtteil-Kuriers am 29. Januar 2018, war ich als Zuhörer beim FA Bau des Beirats Gröpelingen am 24. Januar 2018.
Die KENOW stellte hier erstmalig ihr grobes Konzept für die Errichtung einer Klärschlammverbrennungsanlage am Standort der SWB im Industriehafen/Oslebshausen vor. Das war zeitlich also in der vorigen Legislaturperiode des alten Beirats, die im Mai dieses Jahres endete.
Ich hatte damals sofort meine Bedenken eingebracht, dass die Bürgerinnen und Bürger in Oslebshausen und umzu diese zusätzliche Belastung für den Orts- und Stadtteil nicht akzeptieren würden.
Danach begann ich mit vielen Gleichgesinnten, eine Unterschriftsaktion gegen dieses Vorhaben und überreichte ein entsprechendes Anschreiben mit über 940 Unterschriften dem Vertreter des Senators Lohse, dem Staatsrat Meyer, auf der Beiratssitzung hier im Bürgerhaus Oslebshausen am 14. April 2018.
In dieser Beiratssitzung ging es schwerpunktmässig um das Ansinnen der neuen Entsorgungsfirma REMONDIS, ein Biomüll-Zwischenlager im Industriehafen einzurichten. Das stieß bei den versammelten Bürgerinnen und Bürgern auf fast einhellige Ablehnung.
Wie Sie wissen, gründete sich, auf Initiative von Birgit Erdogan mit mir, die Bürgerinitiative Oslebshausen. Wir setzten uns das Ziel einer: „Stärkung der Wohn- und Lebensqualität für Oslebshausen und Umzu“.
Unter großer Anteilnahme und Unterstützung der Bevölkerung gelang uns schließlich, die Zwischenlagerung des Biomülls aus ganz Bremen am Standort Oslebshausen abzuwenden. Möglich war dies sicher durch den persönlichen Einsatz von Carsten Sieling, unserem damaligen Bürgermeister. Über diesen Erfolg sind wir auch heute noch dankbar.
Jetzt geht es um eine Klärschlammverbrennungsanlage, die ca. 350 m Luftlinie von unseren Wohnquartieren errichtet werden soll.
Die BI hat sich intensiv mit diesen Plänen und den zu erwartenden Belastungen für die hier wohnende Bevölkerung auseinandergesetzt und sich fachlich dazu informiert. Und zwar nicht nur 14-tägig bei unseren öffentlichen Stammtisch-Runden hier im Bürgerhaus, sondern teilweise mehrfach wöchentlich auch während und nach den Sommerferien.
Daher fühle ich mich gut informiert. Meine Meinung zu dem Vorhaben ist klar:
Kein Klärschlammverbrennungswerk am Standort Industriehafen/Oslebshausen!
Herr Broll-Bickhardt – Geschäftsführer von Hansewasser – erklärte u.a. in einem Interview mit Frau Anne Gerling (WK vom 31.08.2019): die geplante Anlage befände sich „…mitten im Industriegebiet“.
Diese Behauptung ist eine Irreführung! Die Anlage würde ca. 350 m Luftlinie zu den nächsten Wohnquartieren stehen!
Die Rechtsgrundlage für den sogenannten „Industriehafen“ stammt aus dem Jahr 1921, ist also fast 100 Jahre alt. In diesen fast 100 Jahren hat sich einiges verändert. Als diese Rechtsgrundlage geschaffen wurde, war man von ganz anderen Voraussetzungen ausgegangen. Damals gab es kein Grundgesetz oder eine Bremische Landesverfassung, wie wir sie heute kennen.
Heute werden Flächennutzungs- und Bebauungspläne stark unter Berücksichtigung von Bedürfnissen der Gesundheit sowie der Wohn- und Lebensqualität der Bevölkerung erstellt. Es werden daher z.B. Flächen für reine Wohnbebauung, gemischte Wohnbebauung, Gewerbe- und Industriegebiete mit unterschiedlichen Klassifizierungen etc. erstellt.
Die Intention ist: Schutz der Menschen vor Emissionen, die von verschiedenen Betrieben ausgehen,
wie z.B. von :
- belasteter Luft: Staub, Gestank, Abgase u.v.m
- Lärmbelastung: Schrottverladungen, Krafwerks- Ventile, Autobahnen, Zugverkehre, Straßenverkehre u.v.m.
- Ungeziefer in den Monaten Mai bis September (Fliegenplage)
Es gibt ein Recht auf Gesundheit, dazu gehört gute Luft und eine gesunde Umwelt. Nach der Bremischen Landesverfassung steht der Mensch im Mittelpunkt und hat Vorrang vor der Technik!
Zum Thema Rechtsgrundlage
Selbstverständlich gelten Gesetze nicht für alle Ewigkeiten. Sie werden den gesellschaftliche Entwicklungen und Erfordernissen nach verändert und angepasst. Und das geschieht hundertfach in Bund, Ländern und Gemeinden.
Somit kann man auch dieses Gesetz aus dem Jahre 1921 verändern und den Entwicklungen anpassen. Damit zwischenzeitlich keine vollendeten Tatsachen aufgrund der gültigen aber veralteten Rechtslage geschaffen werden, kann die Regierung und das Parlament eine Veränderungssperre verhängen, bis die neue Rechtsgrundlage beschlossen wird.
Die Fraktion der Grünen im Beirat hatte in diese Richtung bereits einen Antrag – neue Rechtsgrundlage für die Industriehäfen – gestellt. Die SPD-Fraktion wird diese Anregung aufgreifen und dazu einen entsprechenden Antrag in den Beirat einbringen.
Von den örtlich ansässigen Parteien im Beirat haben sich insbesonder die LINKEN und der SPDOV Oslebshausen beteiligt und das Anliegen der BI tatkräftig unterstützt. Allein 5 Vorstandsmitglieder der Oslebshauser SPD sind aktiv in der BI tätig und daher gut informiert über das geplante Klärschlammverbrennungswerk. Es dürfte für jeden klar sein, wo und für wen und was wir stehen.
Es kommt nun darauf an, dass wir mit allen gemeinsam, wie schon bei dem Biomüll-Zwischenlager, die Regierung und die Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft überzeugen, dass eine weitere Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung im Falle der Realisierung des Projekts an dem Standort Häfen/Oslebshausen zu erwarten ist.
Wer behauptet, die Gesetzeslage zwinge die Behörden, die Genehmigung für diese Anlage zu erteilen – es sei quasi alternativlos – sagt nur einen Teil der Wahrheit!
Die Beiräte sind nicht diejenigen, die in dieser Angelegenheit entscheiden. Das ist die Regierung und letztlich die Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft.
Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen die Beiräte das „Sprachrohr“ der Bürgerinnen und Bürger in den Stadtteilen und Ortsteilen sein. Das nehme ich ernst und so werde ich mich verhalten!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Rolf Vogelsang
Beiratsmitglied im Beirat Gröpelingen und Sprecher des Fachausschusses Bau und Verkehr